
An Grenzen kommen und über sie hinauswachsen
Vom Lamastall zum Rückzugsort: Der ungewöhnliche Arbeitsplatz zweier Sozialpädagoginnen

Die Kinder, die bei uns sind, haben alle besondere Bedürfnisse und meistens benötigt auch ihr soziales Umfeld Unterstützung. Das Schulinternat Ringlikon bietet sowohl Wohnsetting als auch eine Tagesstruktur, Tageswohnen und verschiedene Therapieangebote und eine Schule für Kinder, vom Kindergartenalter bis zur 6. Klasse. Einige Kinder sind nur tagsüber da, andere leben ganzjährig bei uns.
Wir sind beide Sozialpädagoginnen mit besonderem Auftrag. Gemeinsam sind wir im Krisenmanagement tätig, leiten die Meldestelle und arbeiten in der Tagesstruktur. Lena arbeitet zusätzlich noch einen bestimmten Prozentsatz in einer Wohngruppe.
Wir haben wahnsinnig viel Spielraum, kreativ zu arbeiten, das ist toll. Jeder Tag ist etwas anders und trotzdem gibt es eine gewisse Routine.

Lena, erinnerst du dich noch an deinen ersten Tag in der Institution?
Ja, an meinem ersten Tag war ich sehr neugierig und gespannt auf das, was auf mich zukommen wird. Ich habe mit meiner damaligen Leitung ein Kind aus der Psychiatrie abgeholt, das ich später dann auch intensivpädagogisch betreut habe. Und an diesem ersten Tag bin ich auch gleich die erste Nacht geblieben, ganz allein auf der Wohngruppe. Da war ich schon noch etwas unsicherer als jetzt, wo ich mich auskenne. Aber was sicher geblieben ist, sind Momente wie diese, wo man vor Herausforderungen steht oder Situationen, die neu sind und denen man irgendwie begegnen muss. Etwas das ich sehr mag.
Ich erinnere mich noch an meinen ersten Schnuppertag für mein Praktikum vor mehr als 12 Jahren. Es war ein sehr turbulenter Freitag. Ich habe vor allem Zeit mit Sachen packen verbracht und weniger mit den Kindern, da sie in ein Wochenend-Lager gefahren sind. Der heutige Internatsleiter ist damals noch Gruppenleiter gewesen und hat relativ schnell gesagt, dass ich die Stelle hätte. Ich musste mich dann auch gleich entscheiden und habe «Ja» gesagt – heute bin ich immer noch da und finde, es ist ein wahnsinnig schöner Ort zum Arbeiten.
In unserem Waldhaus. Hinter dem Hauptgebäude der Institution befindet sich ein kleines Holzhaus. Das ist unser Büro des Krisenmanagements und der Meldestelle. Früher lebten dort zwei Lamas. Das Bild von ihnen hängt noch immer an unserer Tür. Im Winter müssen wir uns den Weg freischaufeln und auch den Raum heizen, damit es schön warm wird.
Es ist ein Rückzugsort, für uns, aber auch für die Kinder. Hier können sie sich frei bewegen, wohlfühlen und zur Ruhe kommen. Weil der Raum etwas chaotisch ist, gibt es für sie aber auch Vieles zu entdecken. Gleichzeitig ist es ein Ort innerhalb der Institution, der geprägt ist von Sicherheit, auch etwas Abseits liegt und damit ein grosses Freiheitsspektrum bietet.

«Wir wollen den Kindern zeigen, dass auch aus kleinen Sachen etwas Grosses werden kann oder zumindest etwas Grösseres.»
Es gibt ganz viele dieser Momente. Die intensivpädagogischen Settings waren sicher sehr prägend. Das ist an sich schon herausfordernd und dann fordert es auch eine sehr starke Auseinandersetzung mit sich selbst. Man kommt an seine Grenzen und muss immer wieder überprüfen, was braucht es jetzt?
Vor kurzem war ich mit einem Mädchen auf die Rigi gefahren. Als wir zusammen in die Gondel eingestiegen sind, war sie schon ganz nervös. Unten war das Nebelmeer und als wir dann über den Wolken waren, hatte sie ein Funkeln in den Augen. Ein richtiger Wow-Moment. Das alles durch ihre Augen zu sehen, hat gezeigt, wie viel uns die Natur gibt und dass wir das noch viel mehr nutzen müssen.
Wir wollen den Kindern, die bei uns sind, möglichst viele kleine Geschenke mit auf den Weg geben.
Viele kleine, gute Momente, auch wenn ihnen diese nur teilweise im Gedächtnis bleiben. Wir wollen den Kindern zeigen, dass auch aus kleinen Sachen etwas Grosses werden kann oder zumindest etwas Grösseres.